Kommt es zu einer Flugannullierung, so haben Sie Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, Anspruch auf Flugpreiserstattung oder wahlweise eine anderweitige Beförderung, Betreuungsleistungen sowie auf Übernahme der Hotelübernachtungskosten nebst der hierzu notwendigen Beförderung, soweit durch die Annullierung der Aufenthalt über eine oder mehrere Nächte notwendig wird.
Sie sind pünktlich am Flughafen und möchten gerade am Schalter einchecken. Doch anstatt Sie für den Flug abzufertigen, teilt Ihnen die Fluggesellschaft mit, dass der Flug annulliert wurde. Am überfüllten Flughafen auf unbestimmte Zeit zu warten kommt für Sie nicht in Frage. Sie möchten am liebsten in das nächstgelegene Hotel fahren und sich dort ausruhen, bis die Fluggesellschaft aktuelle Informationen zu Ihrer Beförderung bekannt gibt. Doch welche Rechte stehen Ihnen in dieser Situation zu?
Von der Annullierung eines Flugs ist die Rede, wenn der geplante Flug nicht durchgeführt wird, d.h. der Flieger nicht startet. Auch eine zeitliche Vorverlegung oder sonstige Flugzeitenänderung eines geplanten Fluges durch die Fluggesellschaft ist eine Annullierung des Flugs, die mit dem Angebot einer anderweitigen Beförderung einhergeht. Für die Annullierung kommt es darauf an, dass die Fluggesellschaft ihre ursprüngliche Flugplanung endgültig aufgibt, unabhängig davon, ob Sie die angebotene anderweitige Beförderung wahrnehmen.
Dies löst in aller Regel eine Art Kettenreaktion aus. Sie stehen nicht nur -zum Flugantritt bereit- am Flughafen, sondern müssen eventuell auch bereits gebuchte Leistungen am Zielort wie Unterkunft, Mietwagen, Transfer und Ausflüge absagen oder anderweitige Leistungen aufgrund der Wartezeit in Anspruch nehmen. Für diese Reihe von Unannehmlichkeiten und auch finanziellen Aufwendungen haben Sie einen Anspruch auf Entschädigung.
Wahlweise Anspruch auf Flugpreiserstattung oder anderweitige Beförderung
Wird ein Flug annulliert, haben Sie grundsätzlich Anspruch auf eine vollständige Erstattung der Flugscheinkosten. Sie haben das Recht zu entscheiden, ob Sie einen zeitnahen Ersatztransport für den abgesagten Flug oder die Erstattung der Gesamtkosten Ihres Flugscheines in Anspruch nehmen möchten.
Dies gilt sowohl für nicht zurückgelegte als auch für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug aufgrund der Annullierung im Hinblick auf Ihren ursprünglichen Reiseplan zwecklos geworden ist. Unter Umständen kann Ihnen dieser Anspruch auch in Verbindung mit einem Rückflug zu Ihrem ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt zustehen. Dies ist relevant für solche Konstellationen, in denen Sie erst durch einen oder mehrere Anschlussflüge Ihren Zielort erreichen.
Alternativ haben Sie wahlweise einen Anspruch auf anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder aber eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt. Letzteres muss Ihnen die Fluggesellschaft nur ermöglichen, soweit verfügbare Plätze vorhanden sind.
Anspruch auf pauschale Entschädigung
Ferner haben Sie Anspruch auf die Zahlung eines Ausgleichs für die mit der Flugannullierung einhergehenden Beeinträchtigungen. Hierzu sind pauschale Ausgleichszahlungen vorgesehen. Die Höhe der Ausgleichszahlung liegt zwischen 250 € und 600 €, je nach Entfernung des Abflug- und Zielortes. Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem Sie infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommen. Wenn die Fluggesellschaft Ihnen einen Ersatzflug anbietet, der entsprechend der Entfernungen zwei, drei oder vier Stunden nach der geplanten Ankunftszeit Ihr Ziel erreicht, halbieren sich die Beträge.
- <1500km250€Hamburg – Mailand
- 1500-3500km400€Berlin – Gran Canaria
- >3500km600€München – New York
Jedoch kann Ihr Anspruch auf Ausgleichszahlung unter Umständen entfallen. Auch hierzu sind in der EU-Verordnung Regelungen getroffen worden.
Wenn Sie mindestens zwei Wochen vor dem planmäßigen Abflug über die Annullierung unterrichtet werden, so entfällt Ihr Anspruch auf die pauschalierte Ausgleichszahlung. Gleiches gilt, wenn Sie über die Annullierung in einem Zeitraum zwischen zwei Wochen und sieben Tagen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet wurden und zeitgleich ein Angebot zur anderweitigen Beförderung erhalten. Jedoch muss durch das Angebot gewährleistet werden, dass Sie nicht mehr als zwei Stunden vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegen und Ihr Endziel höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreichen werden. Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung entfällt auch dann, wenn Sie weniger als sieben Tage vorher informiert werden und Ihnen ein Alternativflug angeboten wird, dessen Abflug nicht mehr als eine Stunde vorher erfolgt und mit dem Sie Ihr Endziel höchstens zwei Stunden später erreichen.
Im Streitfall muss die Fluggesellschaft beweisen, wann und wie Sie über die Annullierung des Flugs unterrichtet wurden.
Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung entfällt jedoch nur dann, wenn die angebotene, anderweitige Beförderung das Endziel mit einer Verzögerung von nicht mehr als 2 Stunden gegenüber der planmäßigen Ankunftszeit auch tatsächlich erreicht hat. Kommt es hingegen bei dem Ersatzflug zu einer Verzögerung, die zu einer Verspätung von mehr als zwei Stunden führt, entfällt Ihr Ausgleichsanspruch wiederum nicht.
Anspruch auf Betreuungsleistungen
Schließlich haben Sie Anspruch auf unentgeltliche Betreuungsleistungen.
Flugdistanz | Verspätung | Anspruch auf |
---|---|---|
Bis 1500 Km | 2 Stunden | Mahlzeiten und Erfrischung im angemessenen Verhältnis zur Wartezeit. zwei Telefonate (oder Email, Fax) |
Zwischen 1500 Km und 3500 Km | 3 Stunden | Mahlzeiten und Erfrischungen im angemessenen Verhältnis zur Wartezeit. Zwei Telefonate (oder Email, Fax) |
Über 3500 Km | 4 Stunden | Mahlzeiten und Erfrischung im angemessenen Verhältnis zur Wartezeit. 2 Telefonate (oder Email, Fax) |
Mit Übernachtung | Hotelunterbringung |
Die Fluggesellschaft ist verpflichtet, Ihnen kostenfrei Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit anzubieten. Soweit durch die Annullierung der Aufenthalt über eine oder mehrere Nächte notwendig wird, muss Sie die Fluggesellschaft in einem Hotel unterbringen und hierfür auch finanziell aufkommen. Sie haben zudem Anspruch auf die Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung. Sofern Ihnen die Fluggesellschaft ein angemessenes Beförderungsmittel zur Verfügung stellt und Ihnen die Beförderung unmittelbar anbietet, entfällt unter Anwendung der Grundsätze der Schadensminderungspflicht ein Anspruch auf die Erstattung eines von Ihnen für die Beförderung gemieteten Mietwagens. Anders verhält es sich, wenn die Fluggesellschaft nicht oder nicht in angemessener Weise ein Beförderungsmittel unmittelbar anbietet. In diesem Fall können Sie die Kosten für einen Mietwagen von der Fluggesellschaft ersetzt verlangen, soweit der Mietwagen für die Beförderung zwischen dem Flughafen und dem Ort der Unterbringung erforderlich wurde.
Zu den Betreuungsleistungen zählt ferner, Ihnen eine kostenfreie Kontaktaufnahme zu Familie und Angehörigen zu ermöglichen. Die EU-Verordnung sieht hier die Kontaktaufnahme in Form von zwei Telefongesprächen, Telefaxen oder E-Mails vor.
Neben den aufgezählten Ansprüchen können Sie grundsätzlich auch weitergehende Schadensersatzansprüche gegen die Fluggesellschaft geltend machen. Diese Berechtigung ergibt sich aus Art. 12 EU- Verordnung Nr. 261/2004.