Bei einer Flugverspätung bzw. verspäteten Beförderung mit einem Ersatzflug kommen bei Flügen die im Rahmen einer Pauschalreise gebucht wurden, Ansprüche gegen die Fluggesellschaft und auch gegen den Reiseveranstalter in Betracht.
Bei Flugverspätung während einer Pauschalreise: Fluggesellschaft muss Entschädigung zahlen
Ab einer dreistündigen Flugverspätung eines Fluges auf den die Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 Anwendung findet, kann ein Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung von 250- 600 € gegen die Fluggesellschaft bestehen. Durch die Verordnung wird allein die ausführende Fluggesellschaft zur Zahlung der Ausgleichszahlung verpflichtet. Das Recht auf pauschale Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung 261/2004 ist direkt gegenüber der Fluggesellschaft geltend zu machen und nicht gegenüber dem Reiseveranstalter oder dem Reisebüro.
- <1500kmHamburg – Mailand250€
- 1500-3500kmBerlin – Gran Canaria400€
- >3500kmMünchen – New York600€
Entschädigung von Reiseveranstalter einfordern
Ab einer vierstündigen Flugverspätung besteht gegenüber dem Reiseveranstalter ein Anspruch auf Reisepreisminderung. Es kann aufgrund der verspäteten Ankunft eines Fluges eine Reisepreisminderung wegen des darin liegenden Mangels der Reise verlangt werden. Die Rechtsprechung mindert regelmäßig nach der Frankfurter Tabelle für jede über vier Stunden liegende Stunde 5 % des anteiligen Tages-Reisepreises (Reisepreis: Reisetage = Tages-Reisepreis). Darüber hinaus können bei einer großen Flugverspätung unter Umständen Ansprüche auf Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit bestehen (§ 651n Abs. 2 BGB).
Verhältnis der Entschädigung gegen die Fluggesellschaft und Ansprüchen auf Reisepreisminderung gegen den Reiseveranstalter
Wenn für den Flug die EU-Verordnung 261/2004 gilt und ein Recht auf eine Ausgleichszahlung gegen die Fluggesellschaft besteht sowie zugleich ein Anspruch auf Reisepreisminderung gegen den Reiseveranstalter, ist zu beachten, dass nach Art. 12 der EU-Verordnung Zahlungen der Fluggesellschaft bzw. des Reiseveranstalters jeweils angerechnet werden können. Ein doppelter Ausgleich für dieselbe Verspätung kann damit vermieden werden.
In der Regel ist der Minderungsbetrag gegenüber dem Reiseveranstalter (erheblich) geringer als die von der Fluggesellschaft zu leistende Ausgleichszahlung nach der EU-VO 261/2004. Macht die Fluggesellschaft oder der Reiseveranstalter vom Recht zur Anrechnung Gebrauch, dann kann der Reisende im Ergebnis nur mit einer Erstattung in Höhe der Ausgleichszahlung rechnen.
Beispiel: Ein Reisender hat eine 10-tägige Pauschalreise in die Türkei mit Abflug in Berlin gebucht. Der Reisepreis beträgt 800,00 €. Der Hinflug verspätet sich um 14 Stunden. Hier gilt:
- Gegen den Reiseveranstalter besteht ein Anspruch auf eine Reisepreisminderung in Höhe von 40,00 € (Gesamtreisepreis von 800,00 € : 10 Reisetage = 80 € Tagesreisepreis; für jede angefangene Stunde Verspätung ab der vierten Stunde 5 % des Tagesreisepreises = 4,00 € pro Stunde; 10 Stunden x 4,00 € = 40 €).
- Gegen die Fluggesellschaft beträgt der Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung 400,00 €.
Erstattet der Reiseveranstalter den Reisepreis in Höhe von 40,00 € kann die Fluggesellschaft die Ausgleichszahlung von 400,00 € um die geleistete Zahlung kürzen und muss daher die Ausgleichszahlung nur in Höhe von 360,00 € leisten.
Zu beachten ist, dass die Anrechnung der Zahlung des Reiseveranstalters durch die Fluggesellschaft erklärt werden muss. Solange dies nicht erfolgt, ist die Ausgleichszahlung in voller Höhe (hier 400,00 €) zu leisten.
Zudem ist der Anspruch auf Reisepreisminderung dann besonders relevant, wenn die Flugunregelmäßigkeit (Verspätung oder Annullierung) auf einem außergewöhnlichen Umstand, wie zum Beispiel auf einem Streik, beruhte. Da der Anspruch auf Reisepreisminderung verschuldensunabhängig ist, besteht dieser gegen den Reiseveranstalter, wohingegen der Ausgleichsanspruch gegen das Luftfahrtunternehmen aufgrund des außergewöhnlichen Umstandes entfällt.