Achtung: Lufthansa verschickt fragwürdige Mails
Ein falscher Klick, und das Geld ist weg. Worum geht es?
- 26. Januar 2022
- 2 Jahre, 8 Monate alt
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Lufthansa lockt Kund:innen mit Drängel-Mail in die Storno-Falle
Stimmt schon, die Lufthansa hat es nicht leicht. Allein 2020 standen sieben Milliarden Euro Verlust in den Büchern. Andererseits: So schwer hat es die Lufthansa auch nicht - 2021 verpasste ihr der Staat eine Neun-Milliarden-Euro-Finanzspritze. Und einem Fluggast, der von der Lufthansa um sein Ticket geprellt wird, ist es herzlich egal, ob es der Airline gut oder schlecht geht - er möchte einfach sein Geld wieder haben. Diese Meinung vertreten augenblicklich einige Lufthansa-Kund:innen. Nämlich jene, die in die Storno-Falle getappt sind.
Sie nennen es Kundenservice
Storno-Falle? - So etwas gibt es nicht, sagt die Lufthansa. Was die juristische Abteilung des Konzerns da aufgesetzt hat, nennt sich Kundenservice und nicht Falle. Jedenfalls in deren Augen. Was ist das Problem? Es handelt sich um eine Email, die automatisch an Kund:innen versandt wird, wenn sich eine Flugzeit ändert. Die Mail teilt die neue Abflugzeit mit, aber nicht die ursprünglich gebuchte. Sodann weist sie auf drei Optionen hin:
- Ich akzeptiere die geänderte Buchung
- Ich möchte mein Ticket später nutzen = Reservierung wird storniert, Ticket und Buchungscode bleiben für spätere Umbuchungen gültig
- Ich möchte eine Erstattung anfordern = Die gebuchte Reise wird ersatzlos storniert, Flugpreis einschließlich Steuern und Gebühren erstattet
Die Geldvernichtungs-Schaltfläche
Die Service-Experten von Lufthansa sind stolz auf ihre Mail. In ihren Augen ist sie der klare Beweis, wie gut sich die Lufthansa um ihre Kund:innen kümmert. Im Moment ändert sich leider so vieles. Einfach auf eine der drei Optionen klicken, und Sie passen sich an! Auch der Laie findet die Mail auf den ersten Blick ganz schick. Aber genau das ist das Problem. Ein falscher Klick, und das Geld ist weg. Und genau dazu verleitet Lufthansa!
Nehmen wir einen konkreten Fall. Eine Kundin hat im Herbst 2021 einen Flitterwochen-Flug nach Teneriffa für Ende Januar 2022 geschenkt bekommen. Nach Weihnachten liest sie die umstrittene Lufthansa-Mail: Ihre Flugzeiten hätten sich geändert, bitte wählen Sie bis zum 15.1.22 unter den drei Optionen. Das ist ein Wink der Schicksals, denkt sich die Frau, denn sie hat in den letzten Tagen mit Sorge die kletternden Inzidenzen der Kanareninsel beobachtet. Also klickt sie auf den Button 'Ich möchte eine Erstattung anfordern'. Diese Reise ist storniert - wenn das kein Service ist!
So sehen das die Lufthansa-Juristen auch. Aber das dicke Ende kommt nach. Das heißt, erst mal kommt gar nichts: Keine Storno-Bestätigung, nichts. Ein paar Tage später trifft eine Lufthansa-Mail ein, Inhalt: Vielen Dank für Ihre Stornierung, leider können wir Ihnen nur Steuern und Gebühren erstatten, den Ticketpreis behalten wir ein. Bums, das hat gesessen. Keine Flitterwochen auf Teneriffa. Und das Geld ist auch weg. Was ist passiert?
Definitionen und Manipulationen
Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, sagen die Service-Champions von Lufthansa. Ganz unrecht haben sie nicht. Denn vor dem Erstattungs-Button steht eine klare Definition. Der Ticketpreis wird bei Stornierung nur erstattet, wenn der Flug annulliert wurde oder mehr als zwei Stunden vom Flugplan abweicht. Entsprechende Regelungen sind Eu-weit anerkannt. Reiserechtler sprechen dennoch von Storno-Falle. Warum tun sie das?
- Die Mail gibt Handlungsbedarf vor (mit Fristsetzung). Den gibt es aber nicht. Wer seine Reise trotz geänderter Zeit antreten möchte, muss gar nichts tun
- Die Mail informiert nicht über die ursprünglichen Flugzeiten. Gleichzeitig setzt sie unter Zeitdruck.
- Ein Klick auf den Erstattungs-Button vernichtet unter Umständen mehrere hundert Euro (nämlich den Ticketpreis). Hier hätte eine Sicherheitsstufe, ein Warnhinweis oder eine Information darüber, was in welchem Fall erstattet wird, vorgeschaltet werden müssen
Lufthansa findet ihre Email prima. Kund:innen und Reiserechtler nicht. Noch stellt sich die Airline auf den Standpunkt, dass der Geld-weg-Button juristisch in trockenen Tüchern ist. Der erste Fall wird Ende Januar vor dem Amtsgericht Köln verhandelt.