Erhöht eine Kerosin-Steuer bald die Flugpreise in Europa?

Ökologisches Bewusstsein vs. Unnötige Belastung der Brieftasche

Heute mal nichts zum Thema Flugverspätung, sondern zur Sinnhaftigkeit einer Kerosin-Steuer für Fluggesellschaften. pixabay
Inhaltsverzeichnis
    Die Debatte zur Kerosin-Steuer für Fluggesellschaften in Europa wird derzeit sehr unsachlich geführt. Viele der Diskussionspartner sind schlecht informiert. Ein paar Fakten zum europäischen Luftverkehr zur Richtigstellung.

    Macron greift eine alte Idee auf

    In der letzten Woche war Frankreichs Präsident medial wieder sehr präsent. Zur Beruhigung des allgemeinen ökologischen Gewissens forderte er, eine Steuer auf den kommerziellen Verbrauch von Kerosin in Europa einzuführen, und versprach sich dafür einzusetzen. Er wolle eine internationale Diskussion anstoßen und plane erst die Einführung in der EU, dann eine Durchsetzung auf internationaler Ebene. Damit stimmt er in den Tenor auch vieler deutscher Politiker ein. SPD und Grüne fordern im Zusammenhang der aktuellen Europawahl eben jene Kerosin-Steuer. Die Idee dazu steckt ja schon seit ein paar Jahren in der Schublade.

    Sollten wir uns zwingen, weniger zu fliegen?

    Bereits 2007 war eine Kerosin-Steuer Teil der Gespräche von G8-Teilnehmern. Jedoch ohne Ergebnisse. Doch die Umstände sind heute andere als damals. Klimaschutz nimmt heute gesellschaftlich einen höheren Wert ein. Eine vor kurzem veröffentlichte Statistik zu den größten Umweltverschmutzern in Europa sorgte für Aufruhr. Denn erstmals hatte es mit Ryanair eine Fluggesellschaft in die Top10 der Firmen mit der höchsten CO2-Emissionenwerten geschafft. Das erhöhte den Druck auf den ohnehin schon mit genügend Sorgen belasteten Luftverkehr in Europa. Wie lässt sich der Widerspruch auflösen, dass die Anzahl an Flügen in Europa zunimmt, diese auch immer günstiger werden, wenn aber Fliegen so umweltschädlich ist und das Medienecho Flugreisen geradezu verdammt?

    Welche Vorteile hätte eine Kerosin-Steuer eigentlich?

    Im Straßenverkehr erscheint uns eine Treibstoff-Steuer ganz natürlich, im Luftverkehr schien sie bislang ebenso selbstverständlich zu fehlen. Klimaschützer sehen hier eine ungleiche Behandlung und hohes Ausgleichpotential. Zum einen könnte man mit den neuen Einnahmen aus jener Steuer Klimaschutz-Projekte finanzieren. Zum anderen hoffen die Befürworter einer Steuer, dass damit die Preise für Flugreisen steigen und dadurch letztendlich weniger geflogen wird. Sozusagen ein doppelter Gewinn: Es wird weniger mit dem Flugzeug gereist, was weniger Emissionen zur Folge hat, und diejenigen, die fliegen, finanzieren verstärkt den Klimaschutz mit. Klingt zunächst mehr als richtig, ist aber leider wenig durchdacht.

    Von welchen Emissionswerten wird gesprochen?

    Zunächst sollte man sich vor Augen führen, dass der komplette Luftverkehr weltweit nur 2,7 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes ausmacht. In Europa waren es 2015 laut des Klimaschutzreportes 2018 des BDL nur 0,3 Prozent. Auch wenn der Luftverkehr in Europa in den vergangenen drei Jahren jedes Jahr um vier bis fünf Prozent zugenommen hat, kann sich dieser Wert für 2018 nicht so drastisch verändert haben wie Emissionswerte des Landes China beispielsweise. Die höchsten CO2-Emissionen findet man bei der Energieerzeugung und dem Produktionsgewerbe, wie der Stahlverarbeitung. Natürlich nehmen der globale Verkehr und die Landwirtschaft auch einen Teil des weltweiten Abgas-Ausstoßes ein, aber der ist vergleichsweise kleiner. Eine Kritik am Luftverkehr scheint diesbezüglich ein wenig überzogen und nicht sachgerecht. Doch das ist noch nicht alles.

    Steuerbefreiung für Treibstoffverbrauch im Luftverkehr international festgeschrieben

    Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass die Steuerbefreiung für den Mineralölverbrauch für Luftverkehrsunternehmen 1944 im Chicagoer Abkommen international von der ICAO (International Civil Aviation Organization), einer Organisation der UN, festgelegt wurde. Dieses Abkommen bildet wiederum die Grundlage für viele weitere Gesetzestexte, wie z.B. das deutsche Mineralölsteuergesetz. Mit einer Kerosin-Steuer in Europa würde sich die EU also nicht nur über internationales Recht hinwegsetzen, sie müsste auch auf europäischer Ebene und die Mitglieder auf nationaler Ebene ihre Gesetzestexte neu ausarbeiten. Das ist meist umständlich und bedarf einer gewissen Zeit und Abstimmung.

    Was würde bei einem Alleingang der EU zur Kerosin-Steuer geschehen?

    Wenn die EU nun beschließt, eine Kerosin-Steuer für Fluggesellschaften einzuführen, wäre die naheliegenste Konsequenz für die Fluglinien, außerhalb der EU zu tanken. Fast alle Fluggesellschaften aus der EU fliegen auch Ziele außerhalb an. Dort könnten sie volltanken, um eine Besteuerung in Europa zu umgehen. Wenn sie aber mehr, weil auf Vorrat, tanken, als sie für die Flugstrecke bräuchten, erhöht sich das Gewicht der Maschine. Dadurch wird mehr Treibstoff für den Flug verbraucht. Das führt wiederum zu höheren CO2-Emissionen als vorher. Außerdem könnte es zu noch mehr Flugstrecken und -verbindungen führen, da die Fluggesellschaften ihre Flugstrecken dem Tankbedarf unterordnen würden.

    Kerosinverbrauch beeinflusst Preiskalkulation der Flugtickets nicht

    Eine Abschreckwirkung für Flugreisen durch höhere Preise, wie sie sich die Befürworter einer Kerosin-Steuer erhoffen, würde zudem nicht einsetzen. Die derzeit sehr niedrigen Preise für Flugtickets, mit denen die Airlines werben, tragen schon jetzt die Kosten für einen Flug nicht – sie sind in hohem Maße unökonomisch. Sie werden zum großen Teil aus dem Marketing-Budget der Fluggesellschaften finanziert. Die Preiskalkulation berücksichtigt die Kosten für das Kerosin nicht, sondern hauptsächlich die Nachfrage. Bleibt diese für bestimmte Strecken konstant hoch, gehen auch die Preise nach oben. Kurz: Die erhoffte Abschreckwirkung träte nicht ein, da der Kostenzuwachs gar nicht beim Verbraucher ankommt.

    Welche bisher nicht bedachten Folgen hätte eine Kerosin-Steuer?

    Außerdem ist die Luftverkehrsbranche bereits Teil des Umweltzertifikatehandels, was der Idee entspricht, Erlöse aus der Kerosin-Steuer für Klimaschutz-Projekte zu nutzen. Darüber hinaus werden viele Fluggesellschaften entweder zum Teil oder komplett von staatlicher Hand finanziert. Umgekehrt wandern also die Gewinne auch zurück in staatliche Kassen. Belastet man die Fluggesellschaften mit weiteren Kosten, verbaut man ihnen auch die Möglichkeit, in die Forschung nach neuen Technologien oder alternativen Treibstoffen zu investieren. Damit würde man also tendenziell eine Loslösung vom Kerosin als Treibstoff weiter aufschieben.

    Was ist eigentlich CORSIA?

    Die einzige Chance, die Emissionswerte nachhaltig zu senken, ist ein internationales Abkommen. Tatsächlich gibt es das für den globalen Luftverkehr bereits. Es heißt Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation, kurz CORSIA, wurde 2016 von der ICAO beschlossen und – Überraschung! – tritt nächstes Jahr in Kraft. In diesem Klimaschutzabkommen, dem 65 Länder zugestimmt haben und damit 85 % des gesamten Luftraumes abgedeckt sind, verpflichtet sich die Luftfahrtsbranche bis 2050 die Emissionswerte von 2005 zu halbieren.

    Wie soll CORSIA umgesetzt werden?

    Das soll in zwei Schritten umgesetzt werden: Von 2020 bis 2026 sind die Maßnahmen noch freiwillig, ab 2027 sind sie für alle am internationalen Luftverkehr beteiligten Länder verpflichtend. Die Kosten ab 2020 werden von der IATA auf 8,9 bis 23,9 Milliarden $ jährlich geschätzt.

    Es ist also ein wenig ironisch, wenn europäische Politiker wie Emmanuel Macron oder Manfred Weber, Spitzenkandidat der EVP in der aktuellen Europa-Parlaments-Wahl, Abkommen und Maßnahmen fordern, die bereits existieren und schon jetzt oder in naher Zukunft umgesetzt werden.

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