Fliegen im Ukraine-Krieg: Wie sieht es mit Erstattungsansprüchen aus?

Anfang Februar herrschte bei Lufthansa Sektlaune. Die Auftragsbücher waren so gefüllt wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Die Menschen wollten wieder raus in die Welt. Und alles sah danach aus, dass Corona den Griff lockern würde. Also buchten viele Menschen Flüge. Und am Ende war es auch nicht Corona, was ihnen die Reiselust und Lufthansa die Sektlaune vermasselte. Diesmal hat der Aggressor einen menschlichen Namen: Wladimir Putin. Sind Fernreisen Richtung Osten noch möglich?

Der Luftraum der Ukraine, Russlands, der Republik Moldau und von Belarus ist für Flugzeuge sämtlicher EU-Staaten gesperrt. Reisen auf dem Landweg sind in diese Länder noch möglich - aber nutzen wird diese Möglichkeit wohl kaum jemand mehr. Das Auswärtige Amt hat entsprechende Reisewarnungen herausgegeben. Aber was ist mit Reisen in Länder, deren Flüge bislang über die gigantische russische Landmasse geführt worden sind? Fallen diese Flüge aus? Werden Sie umgeleitet? Und wenn ja, wie viel länger dauert das? Und vor allem: Wird es teurer? Alle diese Fragen werden Reisenden durch den Kopf gegangen sein, wenn sie für die nächsten Monaten Fernflüge nach Asien, beispielsweise ins beliebte Thailand gebucht haben. Was sagen die Experten?

Branchenkenner bleiben entspannt, wenn das Thema auf umgeleitete Flüge kommt. Asien ist nicht generell schwieriger erreichbar - es kommt darauf an. Wer zum Beispiel Richtung Südostasien in Länder wie Vietnam, Kambodscha oder Thailand startet, wird voraussichtlich überhaupt keine Verspätungen im Flugplan haben. Denn diese Strecken sind schon vor dem Ausbruch der Ukraine-Kriegshandlungen über die Türkei und das Schwarze Meer südlich entlang der Ukraine bedient worden. Anders sieht das aus, wenn das Reiseziel China, Japan oder Korea heißt. Flüge nach Shanghai brauchen 40 Minuten Zusatzzeit, nach Seoul 90 Minuten und nach Tokio zwei Stunden mehr Zeit.

Davon kann man ausgehen. Es wird im allgemeinen teurer - und im besonderen auf den umgeleiteten Strecken. Flugkerosin ist ein erdölbasierter Kraftstoff. Wie sich derzeit die Benzinpreise entwickeln, weiß jeder Autofahrer, wenn er einen entsetzten Blick auf die Zapfsäule wirft. Am 2.3. notierte die Rohölsorte Brent den höchsten Stand seit Juli 2014. Flugkerosin macht die Entwicklung mit. Und darum werden die Flugpreise im allgemeinen teurer. Auf den längeren Flugstrecken der umgeleiteten Routen Richtung Asien verbraucht der Flieger noch mehr Kerosin. Gleichzeitig sind die Fluggesellschaften gezwungen, beim Frachtgewicht zu sparen, um Zwischenlandungen zu vermeiden. Das sind die Gründe, warum der Flugpreis insbesondere auf dem Umleitungsstrecken noch einmal steigen wird.

Der Luftraum über der Ukraine und über dem Riesenstaat Russland ist gesperrt. Selbst wenn er nicht gesperrt wäre, würde sich wohl kaum jemand freiwillig in eine Maschine setzen, die diese Territorien überfliegt. Das Jahr 2014 ist den Menschen plötzlich wieder sehr präsent. Der Malaysia-Airlines-Flug 17 stürzte in diesem Jahr über der Ostukraine ab - getroffen von einer russischen Flugabwehrrakete. Damals kamen fast 300 Personen ums Leben. Durch die derzeitigen Flugraumumleitungen wird sich ein solcher Horror nicht wiederholen. Dennoch lösen die nahen Kriegshandlungen bei vielen Menschen den Wunsch aus, ihre geplante Flugreise lieber zu stornieren. Wie sieht es mit Erstattungsansprüchen aus? Hier ein paar Stichpunkte:

• Bricht unvorhergesehenerweise in einem Land ein Krieg aus, gilt das im Reiserecht als höhere Gewalt. In diesem Fall haben Reisende ein Kündigungsrecht. Stornogebühren dürfen ihnen nicht berechnet werden
• Für ersatzlos gestrichene Flüge gibt es den Flugpreis zurück.
• Wer eine Reise in die Ukraine gebucht hat, ist aus den Zahlungspflichten raus. Anders sieht das mit Zielen in Russland aus. Das Auswärtige Amt hat nur für bestimmte Gebiete des Riesenlands Reisewarnungen ausgesprochen
• Pauschalreisen dürfen dennoch jederzeit ohne Angabe eines Grundes abgesagt werden. Allerdings fallen Stornogebühren an, wenn keine höhere Gewalt vorliegt.
• Reisende, die Flüge in die Ukraine oder nach Russland gebucht haben, bekommen den Flugpreis zurück. Der Luftraum beider Länder ist gesperrt, alle Flüge sind annulliert.
  

Und wie sieht es mit den umgeleiteten Flügen nach Asien aus? Die Routen sind sicher, höhere Gewalt lässt sich hier nicht geltend machen. Allerdings können Flugreisende die Frage klären lassen, ob es sich bei den umgeleiteten Flügen um Umbuchungen handelt. In diesem Fall haben sie ein Recht auf die Rückerstattung des Flugpreises ohne Stornogebühren. Eventuell steht ihnen sogar eine Entschädigung zu.

Flugreisen Richtung Osten sind trotz der gesperrten Lufträume möglich. Es gilt: Folgen Sie der Umleitung. Wer das nicht will, lasse seine Fluggastrechte prüfen. Entscheidungshintergrund ist in diesem Fall auch die politische Lage. Und die ändert sich bekanntlich schnell.