Nur halbe Entschädigung trotz Flugverspätung – Wie kann das sein?

Bei Ersatzflügen sind Fluggastrechte „angepasst“

Wenn Ihnen nur die Hälfte der Entschädigungssumme ausgezahlt wurde, sollten Sie nicht gleich vor Gericht ziehen! by Mohammad Hassan // pixabay
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    Ihr Flug wurde gestrichen, Sie forderten eine Entschädigung von der Airline und bekamen nur die Hälfte dessen, was Ihnen zustand? Das kann seine Richtigkeit haben. Erfahren Sie hier, warum.

    Das erste Ziel bei Flugannullierungen: Ein Ersatzflug

    Folgende Situation: Sie kommen am Flughafen an und müssen feststellen, dass Ihr geplanter Flug annulliert wurde. Sagen wir, weil das Flugzeug für Ihren Flug einen technischen Schaden erlitten hat und repariert werden muss. Sie interessiert zunächst vorrangig, wie und wann Sie jetzt noch an Ihr Ziel gelangen. Nach einer Wartezeiten von einer halben Stunde teilt Ihnen ein Mitarbeiter der betreffenden Fluggesellschaft mit, dass Sie in einer Stunde mit einem anderen Flug reisen könnten. Natürlich sagen Sie sofort zu. „Was machen schon die anderthalb Stunden Verspätung, immerhin komme ich noch am gleichen Tag an mein Ziel“, denken Sie sich vielleicht. Sie nehmen also den von der Fluggesellschaft angebotenen Ersatzflug und landen mit insgesamt anderthalb Stunden Verspätung an Ihrem Zielort.

    Im Flugzeug haben Sie von anderen Fluggästen gehört, dass man bei einem Flugausfall eine Entschädigung bei der entsprechenden Airline verlangen kann. Sobald Sie von der Reise zurück sind, laden Sie ein Musterschreiben für Entschädigungsforderungen herunter, füllen es aus und schicken es an die Airline. Nehmen wir jetzt weiter an, die Fluggesellschaft meldet sich tatsächlich auch auf Ihr Schreiben und sagt Ihnen eine Entschädigung zu. So weit, so gut. Doch als Sie sich die Höhe der Entschädigung anschauen, stellen Sie fest, dass Sie nur die Hälfte der erwarteten Entschädigungssumme erhalten haben. Hat sich die Airline verrechnet? Liegt ein Fehler vor? Wie kann das sein?

    *Dieses Beispiel ist so gewählt, dass ganz zweifelsfrei ein Entschädigungsanspruch besteht und sich die betreffende Fluggesellschaft vorbildhaft verhält und direkt auf die Entschädigungsforderung eingeht. Beides ist in der Praxis leider nicht immer der Fall.

    Bei Alternativflügen gelten andere Regelungen der Fluggastrechte-VO

    In diesem Beispiel hat sich die Fluggesellschaft natürlich nicht verrechnet und es liegt auch kein Fehler vor. Viel mehr gelten etwas andere Vorschriften zur Entschädigung bei Flugausfall und Flugverspätung, wenn Ihnen ein Alternativflug, auch Ersatzflug genannt, angeboten wird. Man kann es vereinfacht so sehen: Durch einen Alternativflug, mit dem Sie nur ein paar Stunden später als geplant am endgültigen Zielort landen, wird Ihr durch den Flugausfall bedingter Schaden verringert – Also verringert sich auch die Entschädigungshöhe. Genauer gesagt halbiert Sie sich. Jedoch ausschließlich unter folgenden Bedingungen:

    Die Entschädigungszahlungen aufgrund eines annullierten Fluges können durch die Airline um 50 Prozent verringert werden, wenn Ihnen die Airline einen Ersatzflug anbietet, dessen Ankunft

    • bei Flugentfernungen bis zu 1.500 km oder bei innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km nicht später als zwei Stunden,
    • bei Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 und 3.500 km nicht später als drei Stunden oder
    • bei allen Flügen über 3.500 km nicht später als vier Stunden

    nach der ursprünglich geplanten Ankunft am endgültigen Zielort erfolgt.

    Das stellt in gewisser Weise eine Ausnahme zu den sonstigen Bestimmungen der europäischen Fluggastrechte-Verordnung und der Rechtsprechung des EuGH dar. Denn normalerweise gelten laut einer Entscheidung des EuGH von 2009 (Az. C-402 / 07) Flugverspätungen von drei Stunden und mehr ebenfalls als annullierte Flüge. Diese Regelung wird hier gewissermaßen nicht beachtet. Nur deswegen können Airlines die Entschädigungssumme bei einem alternativen Langstreckenflug um die Hälfte kürzen, auch wenn Sie später als drei Stunden am Ziel gelandet sind. Diese Richtlinien gelten wirklich nur, wenn Ihnen die Airline einen Ersatzflug für Ihren annullierten Flug anbietet.

    Die Richtlinien treten beispielsweise nicht in Kraft, wenn Sie aufgrund der Flugannullierung Ihren Anschlussflug an einem Umstiegsflughafen verpassen. Denn meistens erhöht sich die Verspätung am endgültigen Ankunftsort durch einen verpassten Anschlussflug erheblich, sodass die oben beschriebenen Regelungen nicht zutreffen. Klicken Sie auf den Link, um mehr zu erfahren.

    Beachten Sie auch, dass Ihnen eine Ersatzbeförderung für einen annullierten Flug laut den Fluggastrechten ganz klar zusteht. Es handelt sich also nicht um eine „Gnade“ oder besonders guten Service der Fluggesellschaft.

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