Gepäck verloren?

Was ist zu tun und welche Entschädigung steht Passagieren zu?

Wenn das Gepäck ohne Besitzer auf Reisen geht - Wie bekommt man seinen Koffer zurück? by Stefan Schweihofer // pixabay
Inhaltsverzeichnis
    20 Millionen Koffer und Taschen jedes Jahr. Auf der Reise verloren oder zu spät am Zielort. In Anbetracht der Kosten für die Gepäckaufgabe ist das besonders ärgerlich. Was Passagiere tun können und was ihnen zusteht.

    Kann den Urlaub richtig vermiesen: Gepäckverlust auf der Hinreise

    Laut Baggage Report 2018 der Société Internationale de Télécommunication Aéronautique (SITA) gehen statistisch gesehen auf 1000 Koffer, Taschen und Rucksäcke 7 Stücke verloren. Besonders hoch ist die Verlustgefahr bei Umstiegen, da die Zeit hier manchmal zu knapp ist, können nicht alle Gepäckstücke rechtzeitig verladen werden. Oder bei Verladung des Gepäcks geht etwas schief. Dann kommt das Gepäck einen Tag später am Zielort als der Fluggast an und ist im schlimmsten Fall gänzlich verloren. Doch laut Baggage Report 2018 tauchen 95% der vermissten Gegenstände wieder auf. Manchmal auch erst nach ein paar Tagen.

    Was ist bei Verlust der Gepäckstücke zu beachten?

    Bevor Sie vergeblich auf Ihre Sachen am Gepäckband warten, können Sie sich an die Mitarbeiter beim Lost&Found- Schalter oder an die Gepäckermittlung der Fluggesellschaft wenden. Das hilft meistens schon. Stellt man aber dort fest, dass Ihr Gepäck woanders gelandet ist als Sie oder es scheinbar unauffindbar ist, steht Ihnen eine Entschädigung laut Art. 17 Abs. 2 des Montrealer Übereinkommens. Dort heißt es:

    „(2) Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand. Der Luftfrachtführer haftet jedoch nicht, wenn und soweit der Schaden auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einen ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist. Bei nicht aufgegebenem Reisegepäck, einschließlich persönlicher Gegenstände, haftet der Luftfrachtführer, wenn der Schaden auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.“

    Der Luftfrachtführer ist in diesem Fall die Fluggesellschaft. In der Zeit von der Gepäckaufgabe bis zur Abholung am Gepäckband ist die für Ihr Gepäck verantwortlich. Spätestens 21 Tage nach dem Verlust oder der Beschädigung können Sie Ihren Anspruch auf Entschädigung einfordern. So steht es im dritten Absatz des gleichen Artikel 17 (MA):

    „(3) Hat der Luftfrachtführer den Verlust des aufgegebenen Reisegepäcks anerkannt oder ist das aufgegebene Reisegepäck nach Ablauf von einundzwanzig Tagen seit dem Tag, an dem es hätte eintreffen sollen, nicht eingetroffen, so kann der Reisende die Rechte aus dem Beförderungsvertrag gegen den Luftfrachtführer geltend machen.“

    Wie erfolgt die Entschädigung?

    Die meisten Fluggesellschaften verlangen mit der Anerkennung eines Gepäckverlustes gleichzeitig einen Nachweis über den Inhalt des Gepäcks. Also welche Koffer und Taschen enthielten welche Gegenstände? Am besten macht sich hier eine Liste, in der Sie die einzelnen Gegenstände genau aufführen und - bei mehreren verlorenen Gepäckstücken - den jeweiligen Taschen und Koffern zuordnen. Verfügen Sie eventuell sogar noch über die Rechnungsbelege mancher Gegenstände? – Heften Sie sie unbedingt mit an die Liste. Und wenn Sie nicht allein gereist sind, lassen Sie Ihre Mitreisenden Ihre Angaben bestätigen.

    Die Höhe der Entschädigung

    Beachten Sie, dass bei der Bewertung der Gegenstände zur Ermittlung des Entschädigungswertes immer der Zeitwert eines Gegenstandes berechnet wird. Also nicht der Neukaufpreis, sondern wie viel der Gegenstand zum Zeitpunkt des Verlustes wert war. Ein stabiler Rollkoffer hat beispielsweise einen Wertverlust von 10% jährlich. Die Fluggesellschaft muss jedoch maximal in Höhe von 1.368 € entschädigen. Dieser Wert ist in Art. 22 Abs. 2 des Montrealer Übereinkommens mit 1.000 Sonderziehungsrechten festgesetzt:

    „(2) Bei der Beförderung von Reisegepäck haftet der Luftfrachtführer für Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung nur bis zu einem Betrag von 1 000 Sonderziehungsrechten je Reisenden; diese Beschränkung gilt nicht, wenn der Reisende bei der Übergabe des aufgegebenen Reisegepäcks an den Luftfrachtführer das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort betragsmäßig angegeben und den verlangten Zuschlag entrichtet hat. In diesem Fall hat der Luftfrachtführer bis zur Höhe des angegebenen Betrags Ersatz zu leisten, sofern er nicht nachweist, dass dieser höher ist als das tatsächliche Interesse des Reisenden an der Ablieferung am Bestimmungsort.“

    Hinweis: 1.000 Sonderziehungsrechte = 1.368 Euro = Höchstgrenze einer Entschädigung pro Reisenden und Gepäckstück

    Wenn Sie der Begriff „Sonderziehungsrechte“ jetzt verwirrt, ist das verständlich. Es handelt sich um eine hypothetische Währungseinheit, die vom Internationale Währungsfonds (IWF) künstlich eingeführt wurde.

    Beispiel 1: Verlust eines 8 Jahre alten, stabilen Rollkoffers der Marke Samsonite

    Neukaufpreis: 249,95 €

    Wertverlust pro Jahr: 10%

    Zeitwert bei 8 Jahren: 107,59 €

    Fluggesellschaft muss auch für Ersatzanschaffungen aufkommen

    Wenn Sie ohne Ihr Gepäck im Urlaubsort gelandet sind, müssen Sie logischerweise erstmal Ersatz für Kleidung und Hygieneartikel schaffen. Heben Sie die Rechnungsbelege für diese Käufe gut auf! Denn auch hierfür kommt die Fluggesellschaft auf – oft aber nur zu 50 %, da die Kleidung weiter verwendet werden kann. Wenn die Fluggesellschaft sich einer Entschädigung verweigert, haben Sie zwei Jahre Zeit dagegen Klage einzureichen. (Art. 35 MÜ)

    Gepäckverlust auf Pauschalreisen

    Ähnlich wie bei Flugausfall und Flugverspätungen gelten auch beim Gepäckverlust auf Flugreisen während eines Pauschalurlaubes besondere Regeln. Und auch hier steht neben der Fluggesellschaft, die trotzdem den Verlust ersetzen bzw. entschädigen muss, der Reiseveranstalter in der Pflicht. So können Sie für jeden Urlaubstag auf der Pauschalreise, den Sie ohne Ihr Gepäck verbringen müssen, eine Reisepreisminderung zwischen 20 und 50% pro Reisetag verlangen. Der genaue Betrag hängt von den individuellen Umständen ab. Sollte der Gepäckverlust eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise darstellen, kann ein zusätzlicher Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht werden.

    Beispiel 2: Verlust der Tauchausrüstung auf einer Pauschalreise

    Das kann der Fall sein, wenn Sie eine Pauschalreise buchen, während der Sie u.a. eine Woche tauchen gehen wollen und auf dem Flug zum Urlaubsort Ihre Tauchausrüstung verloren geht.

    Hinweis: Sie sollten einen Gepäckverlust möglichst zeitnah beim Reiseveranstalter melden.