Sind die Flughäfen überfordert?

Flughäfen an der Auslastungsgrenze - Flugverspätung sind Routine

Keine Kapazitäten mehr: Die Flughäfen im deutschen Sprachraum sind haltlos mit den Passagierzahlen überfordert. by Rudi und Peter Skitterians / pixabay
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    Alle Welt redet von der Belastung des Klimas durch das Ausmaß des zivilen Luftverkehrs. Doch eine Begrenzung scheint auch aus anderen Gründen sinnvoll: Die Flughäfen sind bis an und über das Maximum ausgelastet. Was bedeutet das für Passagiere?

    Aktuelle Situation kann nur zum Ausfall und zur Verspätung der Flüge führen

    Die Passagierzahlen in Deutschland wachsen derzeit jährlich um 4,4 %. Und trotz „Friday For Future“ und Flugscham sowie der politischen Forderung nach Kerosin- und erhöhter CO2-Steuer hat bisher noch kein Umdenken bei der Buchung von Flugtickets stattgefunden. Womöglich ist ein Großteil der Tickets immer noch zu günstig. Alle am Luftverkehr Beteiligten operieren gerade an ihrem Leistungsmaximum und darüber hinaus. Wöchentlich werden neue Rekorde sowohl bei den Passagierzahlen als auch bei der Länge und der Anzahl der Flugverspätungen und Flugausfälle erreicht. Ist die Belastung für Mensch und Maschine dabei überhaupt noch zumutbar?

    Personalmangel stellt das Hauptproblem dar

    Der Flughafen Wien hat aktuell mit einer hohen Anzahl von Flugverspätungen zu kämpfen. Durch den hohen Personalmangel bei der österreichischen Flugsicherung musste die Anflugrate von 50 auf 18 Maschinen pro Stunde reduziert werden. Diese Einbuße wirbelte die Flugpläne einiger Fluggesellschaften durcheinander. Die Einschränkung in der Anflugrate wurde zwar am Freitag wieder aufgehoben, doch der Flughafen Wien-Schwechat hat auch im Normalbetrieb Schwierigkeiten alle Flugbewegungen samt allen Services reibungslos zu koordinieren. Allein im Juni waren 8.125 Flüge verspätet. Das ist eine alarmierend hohe Zahl bei 13.742 Flugverspätungen im letzten halben Jahr insgesamt. Das lässt sich nur zum Teil mit der hohen Anzahl an Gewittern im Juni erklären.

    Weitere Flugausfälle sind zu erwarten

    Laut einer Auswertung von Eurocontrol, der europäischen Flugsicherungsagentur, waren 41 % der Verspätungsminuten im ersten halben Halbjahr 2019 insgesamt auf die Engpässe der österreichischen Flugsicherung zurückzuführen. Möchte man einer anderen Statistik glauben, befindet sich Wien-Schwechat auf Platz 4 der Flughäfen im deutschsprachigen Raum mit den höchsten Flugverspätungen. Jeder vierte Flug starte verspätet von Österreichs größtem Flughafen. Der Flughafen-Betreiber in Wien rief daher alle Systempartner im Flughafenbetrieb dazu auf, enger zusammen zu arbeiten: Man müsse „gemeinsam arbeiten, um die Situation in den Griff zu bekommen“, sagte Wien-Schwechat-Vorstand Julian Jäger. Ob das überhaupt noch möglich ist, darf ernsthaft bezweifelt werden.

    Düsseldorf: Streik der Gepäck-Maschinen führt zu kuriosen Situationen

    Am Flughafen in Düsseldorf kam es vergangenen Mittwoch nicht nur zu einer Sicherheitspanne, sondern auch die Gepäck-Anlage führte ihren Dienst nicht ordnungsgemäß aus. Daraus entstand ein regelrechtes Kofferchaos am Flughafen: Über 3.500 Koffer und Taschen reisten nicht mit ihren Besitzern oder gingen in den Untiefen der Gepäck-Anlage verloren. So standen die betroffenen Passagiere vergeblich am Gepäckband. Das Servicepersonal des Flughafen Düsseldorf schaffte es, innerhalb eines Tages die Anlage zu reparieren. Die verloren gegangen Gepäckstücke werden jetzt mit extra gecharterten Flügen ihren Besitzern hinterher geschickt. Also Extra-Flüge nur für Gepäck. Über den Sinn dieser Aktion lässt sich streiten.

    Vor Gepäck-Chaos: Sicherheitspanne in Düsseldorf

    Bevor das Chaos um die defekte Gepäck-Anlage seinen Lauf nehmen konnte, kam es am vergangenen Mittwochmorgen zu einer Sicherheitspanne bei den Sicherheitsschleusen der Boarding-Area. Dabei öffnete eine unbekannte Anzahl von Passagieren eine Notfalltür, die zum abgetrennten Terminalbereich führte. Um in diesen Bereich zu gelangen, müssen alle Fluggäste zunächst die Sicherheitskontrollen passieren. Mit dem Öffnen der Tür wurde der Alarm ausgelöst und automatisch die Bundespolizei informiert. Daraufhin mussten alle Passagiere, die sich bereits in dem gesicherten Bereich befanden, aber bei denen das Boarding noch nicht abgeschlossen war nochmal aus den Flugzeugen und dem Wartebereich heraus und erneut durch die Sicherheitskontrollen. Der Vorfall dauerte zwar nur eine Stunde, dürfte aber in der Folge zu einigen mehrstündigen Flugverspätungen geführt haben.

    Katastrophale Zustände am Flughafen Tegel (TXL)

    In einem Artikel des Tagesspiegel berichtet ein Beschäftigter des Flughafen Berlin-Tegel (TXL) über die scheinbar katastrophalen Zustände und Arbeitsbedingungen für das Bodenpersonal an deutschen Flughäfen. Er schreibt von den Kämpfen um Tarifverträge und faire Arbeitsbedingungen, von den Mängeln beim Arbeitsschutz und der Gesundheitsgefahr für die Mitarbeiter.

    Außerdem weist er auf die Unsitte vieler Luftfahrtunternehmen hin, egal ob Fluggesellschaft oder Flughafen, über die eigenen Leistungsgrenzen hinaus zu arbeiten und ihren Anforderungen nicht mehr nachkommen zu können. Der Flughafen Berlin-Tegel (TXL) sei beispielsweise für 12 Mio. Passagiere ausgelegt gewesen, aber mittlerweile bewegen sich 22 Mio. Passagiere über diesen Flughafen. Bei einem derartigen Status Quo wundert man sich nicht mehr über die Masse an Flugverspätungen und Ausfällen, die derzeit das Reisegeschäft prägt.

    Auch was das über die hochgelobte Sicherheit des Flugverkehrs aussagt, wollen wir uns lieber nicht fragen.