Insolvente Airlines: Germania hat sich verspekuliert

Nach Air Berlin und NIKI ist die nächste deutsche Airline pleite

Grounding für Maschinen von Germania: Airline kann weder Leasing-Gebühren für Flugzeuge noch die Gehälter seiner Mitarbeiter bezahlen. pixabay
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    In der Nacht zum 5. Februar 2019 meldete eine weitere Low-Cost-Airline in Deutschland Insolvenz an. Mit vier Mio. beförderten Passagieren jährlich und 1.700 Mitarbeitern war sie die viertgrößte Airline in Deutschland.

    Insolvenz-Meldung kommt überraschend

    Als die Insolvenz-Meldung bekannt wurde, war das für viele Reisende ein Schock. Die Fluggesellschaft, die größtenteils Flugziele im Mittelmeerraum anflog, stoppte den Ticketverkauf von einem auf den anderen Tag. In einer zweimonatigen Phase der vorläufigen Insolvenz wurde versucht, die desolate Airline als Ganzes oder in Teilen an Investoren zu verkaufen. Leider ohne Erfolg, da der Zeitdruck, um alles Nötige umzusetzen, einfach zu hoch war. Der vorläufige Insolvenzverwalter Wienberg, der jetzt auch das eigentliche Insolvenzverfahren leitet, hatte bis zuletzt versucht, Investoren für Germania zu finden und die Pleite abzuwenden.

    Germania am Boden - Fluggäste gestrandet

    Germania war während dieser Zeit komplett gegroundet, also mussten alle 31 Flugzeuge am Boden verbleiben. Das bedeutet, dass keine Einnahmen flossen, aber jede Menge Flüge gestrichen wurden. Zusätzlich waren 26 der 31 Flugzeuge in der Flotte geleast und das Unternehmen außer Stande, die Leasinggebühren zu bezahlen. Das „richtige“ Insolvenzverfahren wurde zur ersten Aprilwoche eröffnet. Die Gläubiger haben bis Mitte Juli Zeit ihre Ansprüche geltend zu machen. Ob sie entschädigt werden können, wird sich vermutlich erst nach Jahren klären. Germania reiht sich damit in die Reihe kleinerer Fluggesellschaften ein, die nicht über das nötige Kapital verfügten, dem Wettbewerb standzuhalten.

    Riskante Investitionen

    Auch wenn die breite Öffentlichkeit überrascht wurde, war das Ende der Billigfluggesellschaft für Branchenkenner absehbar. Nach dem Ende von Air Berlin expandierte Germania und versuchte an die Startslots des ehemaligen Konkurrenten zu kommen – ebenso wie die Branchenführer Lufthansa und Condor. Einige Luftverkehrsexperten äußerten Bedenken, wie Germania ein Wachstum um 40% stemmen könne. Diese Rechnung ging auch nicht auf, wie man jetzt sieht. Dem Flugunternehmen fehlen 15 Mio. €, um sein Defizit auszugleichen. Dabei sind die Kosten für eventuelle Entschädigungen für die kurzfristig ausgefallenen Flüge der gestrandeten Passagiere noch nicht mitgerechnet.

    Insolvente Airlines der letzten zwölf Monate

    Airline Gründungsjahr Insolvenzmeldung Heimatland
    Wow Air 2012 März 2019 Island
    Germania 1978 Februar 2019 Deutschland
    Flybmi 1987 Februar 2019 Großbritannien
    Insel Air 2006 Januar 2019 Curaçao
    California Pacific 2018 Dezember 2018 USA
    PrivatAir 1977 Dezember 2018 Schweiz
    Small Planet 2008 November 2018 Litauen
    Cobalt 2016 Oktober 2018 Zypern
    Primera Air 2009 Oktober 2018 Dänemark
    Cello 2009 Oktober 2018 Großbritannien
    Shaheen 1994 Oktober 2018 Pakistan
    Wataniya Airways 2017 September 2018 Kuwait
    SkyWork 1983 August 2018 Schweiz
    VLM Airlines 1992 August 2018 Belgien
    OneJet 2015 August 2018 USA
    NextJet 2002 Mai 2018 Schweden
    Aserca 1968 Mai 2018 Venezuela
    Saratov Airlines 1931 Mai 2018 Russland
    Air Arabia Jordan 2015 April 2018 Jordanien

    Was bedeutet das für die Mitarbeiter und die Flugbuchungen

    Nun wird die insolvente Airline abgewickelt, da alle seriösen Bieter auf das Unternehmen abgesprungen sind. Die 1.700 Mitarbeiter werden zu Anfang April freigestellt. Ihre Chancen direkt neu eingestellt zu werden, wären nach Ansicht des Insolvenzverwalters Wienberg nicht schlecht, da gerade Fachkräftemangel in der zu rasant wachsenden Branche herrscht. Gerade Piloten und Verwaltungsfachangestellte werden gesucht. Derweil geht Wienberg davon aus, dass ca. 600.000 Reisende, deren Flüge aufgrund der Insolvenz von Germania ausfallen, ihr Geld wohl nicht oder wenn dann erst am Ende des Insolvenzverfahrens zurückerstattet bekommen werden. Das kann mehrere Jahre dauern.

    Passagier bei Direktbuchung nicht gegen Insolvenz versichert

    Pauschalreisende haben mehr Glück, da sie laut §651 des BGB über ihren Reiseveranstalter gegen die Insolvenz einer Airline versichert sind. Fluggäste, die direkt bei der Airline gebucht haben, genießen diesen Versicherungsschutz nicht. Schon mehrfach wurde von Fluggästen und Verbraucherschützern eine solche Versicherung gefordert. Doch die Bundesregierung war bisher der Meinung, dass Fluggäste durch die staatliche Kontrolle von Airlines durch das Luftfahrt Bundesamt einen „besonderen Schutz“ genießen würden. Diese Annahme steht jetzt auf wackligen Füßen, denn die letzte Prüfung von Germania fand am fünften Dezember 2018 statt. Also knapp zwei Monate vor der Insolvenzmeldung. Zum Zeitpunkt der Prüfung schienen für das Luftfahrtamt die Finanzen von Germania in bester Ordnung.

    Luftfahrtsamt sah Zahlungsunfähigkeit bei Germania nicht kommen

    Wie passt das also zusammen? Der „besondere Schutz“ besteht für die Regierung darin, dass eine Airline regelmäßig ihren Wirtschaftsplan beim Luftfahrt Bundesamt vorlegen muss. Um eine Lizenz zu er- oder behalten, muss die Airline nachweisen, dass sie den „tatsächlichen und möglichen Verpflichtungen während eines Zeitraumes von zwölf Monaten im Voraus nachkommen kann.“ In der Praxis beschränkt sich diese Prüfung aber darauf, dass das LBA kontrolliert, ob die Airline die Wartung und Reparatur der Maschinen und generell einen „sicheren“ Flugbetrieb finanzieren kann. Welche ökonomischen Probleme haben Germania nun zur Insolvenz gezwungen?

    Ursachen der Insolvenz

    Die größte Herausforderung für eine Low-Cost-Airline dürfte der schwankende Kerosinpreis sein, der eine langfristige Kalkulation der Treibstoffkosten unmöglich macht. Bei einer Gewinnmarge von ca. drei Prozent ist es für kleinere Fluggesellschaften extrem schwer diese Schwankungen überhaupt ausgleichen zu können. Hinzu treten aktuell verstärkt der Fachkräftemangel in Europa, der oft zu Verspätungen und damit zu Entschädigungsansprüchen der Fluggäste führt.

    Ein drittes Problem besteht darin, dass die Luftverkehrsbranche durch die vergangenen Insolvenzen nichts dazu gelernt hat: Nach der Pleite von Air Berlin stürzten sich alle europäischen Fluggesellschaften ausschließlich auf die lukrativen Flugstrecken und ließen die Nebenstrecken außer Acht. Dadurch entstand ein Überangebot auf bestimmten Flugstrecken und die Flieger blieben vergleichsweise leer.

    Natürlich kann man den äußerst harten Wettbewerb als solchen auch als Ursache ansehen. Germania-Chef Karsten Balke hatte sich mit seiner Expansion jedenfalls deutlich verschätzt. Zu den Kosten für das Wachstum der Firma kamen hohe Wartungskosten für die Flugzeuge und fällige Entschädigungszahlungen für gestrichene oder verspätete Flüge. Letzteres war wiederum eine Folge der zu starken Expansion: Germania konnte seinen ambitionierten Flugplan an vielen Stellen nicht einhalten.

    Zweifelhafte Transaktionen des Germania-CEOs

    In diesem Zusammenhang erscheinen die finanziellen Ambitionen von Germania-Chef Karsten Balke interessant: Er hatte in den Monaten vor der Insolvenz Vermögensteile von Germania auf neu gegründete Firmen geschoben. Die letzte Transaktion fand eine Woche vor der Insolvenz statt. Seine Absichten sind bisher unklar: Wollte er sich selbst bereichern oder die Vermögenswerte vor der Pleite schützen, um dann anschließend wieder neu durchzustarten? Balke hatte das Unternehmen übernommen, nachdem Firmengründer Bischoff gestorben war und die Erben sich in einem Rechtsstreit zerstritten hatten. Wäre es nach dem letzten Willen des Firmengründers gegangen, wäre Germania in die Air Berlin eingegliedert worden. Ob das die beiden Airlines gerettet hätte?

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