Kommt es während einer Reise zu einer Flugannullierung oder erheblichen Verspätung, müssen Fluggäste das nicht hinnehmen. Auf Grundlage der EU-Verordnung Nr. 261/2004 haben Fluggäste in diesen Fällen einen Anspruch auf Ausgleichszahlung, Betreuungsleistungen sowie Erstattung der Flugscheinkosten oder einen Anspruch auf anderweitige Beförderung.
Fluggesellschaften sind insbesondere verpflichtet einen pauschalen Schadensersatz als Ausgleichsentschädigung zu zahlen, soweit die Voraussetzungen vorliegen. Jedoch setzen Fluggesellschaften diese Pflicht nicht oder nur sehr zögerlich um.
In den meisten Fällen berufen sich Airlines darauf, dass die Annullierung auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückzuführen sei und sie auf diesem Grund zur Zahlung einer Ausgleichszahlung nicht verpflichtet sin.
Daher stellt sich die Frage, was ein solcher außergewöhnlicher Umstand überhaupt ist und was dies für den von einer Flugannullierung betroffenen Fluggast bedeutet.
Notlandung als außergewöhnlicher Umstand?
Der Begriff des außergewöhnlichen Umstands ist gesetzlich nicht definiert.
Ein Umstand kann nur dann als außergewöhnlich qualifiziert werden, wenn er nicht dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entspricht, sondern außerhalb dessen liegt, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Es sollen Ereignisse erfasst werden, die nicht zum Luftverkehr gehören. Es handelt sich um besondere Umstände, die eine ordnungs- und plangemäße Durchführung des Flugs beeinträchtigen oder unmöglich machen können.
- <1500kmHamburg – Mailand250€
- 1500-3500kmBerlin – Gran Canaria400€
- >3500kmMünchen – New York600€
Umstände, die im Zusammenhang mit einem den Luftverkehr störenden Vorfall wie einem technischen Defekt auftreten, können nur dann als außergewöhnlich im Sinne von Art. 5 Abs. 3 EU-Verordnung 261/2004 qualifiziert werden, wenn sie auf ein Vorkommnis zurückgehen, das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftfahrtunternehmens und aufgrund seiner Natur oder Ursache von diesem tatsächlich nicht zu beherrschen ist (BGH, Urteil vom 24.09.2013 – X ZR 160/12). Diese Umstände kommen jedenfalls in der Regel von außen.
Es sind Umstände, die nicht zum Luftverkehr gehören. Gemeint sind Fälle, bei denen „höhere Gewalt“ einwirkt. Wenn ein Schaden durch ein außerhalb der normalen Flugdienstleistungen liegenden Akt verursacht wird und dadurch der Flug annulliert werden muss, so liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor. Anders wird die Situation beurteilt, wenn der Schaden beispielsweise durch ein Fahrzeug, das mit dem Flugbetrieb im Zusammenhang steht, im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Flugbetrieb verursacht worden ist, verursacht wird. Unerheblich ist dann auch, dass das Fahrzeug geparkt und unbemannt war. Denn auch der ruhende Verkehr stellt einen Teil des Flugbetriebs dar. Es ist gerade typisch und üblich, dass Fahrzeuge und Flugzeuge nicht ständig bewegt werden (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.06.2015 – 2-24 S 51/15).
Wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, ist es nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 EU-Verordnung Nr. 261/2004 zu leisten. Dies ergibt sich aus Art. 5 Abs. 3 EU-Verordnung
Notlandung - oft Anspruch auf Entschädigung
Doch wie ist die Rechtslage im Falle einer Notlandung?
Um eine Notlandung handelt es sich, wenn eine Landung durch eine Notlage erzwungen wurde. Ob eine Notlandung einen außergewöhnlichen Umstand darstellt, kann nicht per se beantwortet werden. Vielmehr kommt es darauf an, worauf die Notlandung zurückzuführen ist.
Allgemein kann keine rechtsverbindliche Antwort getroffen werden auf die Frage, ob eine Notlandung einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Vielmehr kommt es auf die Ursachen der Notlandung an. Dies bedarf einer Einzelfallprüfung.